Ist das IZA “gewerkschaftsnah” oder “neoliberal”?

Ist das Institut zur Zukunft der Arbeit (IZA, www.iza.org ) „gewerkschaftsnah“ oder „neoliberal“? Häufig findet man in den Medien solche Kennzeichnungen, die je nach gesellschaftspolitischem Standort ab- oder aufwertend gemeint sein wollen.

Sie können aber auch einfach die nötige Transparenz vermitteln, wenn sich die so bezeichnete Institution in einer besonderen gesellschaftspolitischen Verpflichtung befindet.

Der Leser ist also gefordert herauszufinden, was in einem bestimmten Kontext gemeint ist. Dabei muss er darauf vertrauen, dass es sich um faire Wertungen handelt oder er aus dem Zusammenhang heraus die gesellschaftspolitische Wertung/Beschimpfung erkennt.

Nun hat der angesehene Wiener „Kurier“ am 29. August 2012 in seinem Beitrag „Immer mehr Rentner arbeiten weiter“

http://www.iza.org/highlights/en/zimmermann_standpunkte_html?item=4295

geschrieben:

Klaus Zimmermann, Chef des gewerkschaftsnahen “Instituts zur Zukunft der Arbeit” in Bonn, sieht eine “Reihe von Ursachen”, vor allem die Demografie. Viele Konzerne holten ihre Rentner zurück: “Früher hatten wir den Mangel an Arbeitsplätzen, bald werden wir einen an Arbeitskräften haben.”

„Gewerkschaftsnah“/ „unternehmernah“/“religiös orientiert“/“parteinah“: Einer seriösen Zeitung wie dem Wiener „Kurier“ muss man bei solchen Urteilen als Leser zunächst abnehmen, dass sie damit mögliche Interessenkonflikte offen legen möchte. (Hier etwa: Gewerkschaften könnten ein Lobby-Interesse daran haben, den Mangel an Arbeitskräften heraufzubeschwören, um höhere Lohnforderungen zu begründen.) Dann müsste der Leser das Urteil des Zitierten anders gewichten….

Natürlich ist dann besonders wichtig, dass die Einordnung der seriösen Tageszeitung auch richtig ist. Ist sie es?

Fakt ist nun zunächst einmal:

Das Institut zur Zukunft der Arbeit ist nicht etwa „gewerkschaftsnah“, sondern ein unabhängiges, als gemeinnützig anerkanntes Forschungsinstitut, dessen Eigenständigkeit satzungsrechtlich festgeschrieben ist. Dank einer soliden Grundfinanzierung durch die Deutsche Post-Stiftung und anderen Fördermitteln aus allen Teilen der Welt ist das IZA völlig unabhängig und unterliegt in seiner wissenschaftlichen Arbeit und Beratungsaktivität keinen Vorgaben und Auflagen. Die rund 1200 Wissenschaftler des weltweiten IZA-Forschernetzwerks (des grössten seiner Art), deren Studien bsw. in der IZA-Diskussionspapier-Reihe (mit inzwischen über 6800 Titeln) kommunizieren, finanzieren ihre Forschung allerdings eigenständig. So reflektiert der Forschungsoutput des IZA den breiten Stand arbeitsmarktökonomischen Denkens und Wissens auf der Welt, unabhängig vom jeweiligen wissenschaftlichen Ansatz.

Ein kleines Beispiel: Die Chefökonomen der beiden politisch so unterschiedlichen amerikanischen Präsidenten Bush und Obama, Ed Lazear und Alan Krueger, sind ausserhalb ihrer Zeit im Amt IZA – Fellows und darüber hinaus IZA-Preisträger für ihre besonderen Beiträge zur Arbeitsökonomie.

Also jedem seine Rolle. Ich bin weder Mitglied einer Partei, eines Verbandes, noch einer Kirche. Ich vertrete nachdrücklich die Position evidenzbasierter Politikberatung, bin empirischer Wirtschaftsforscher, kein ökonomischer „Glaubenskrieger“. Ich habe allerdings auch Respekt vor gesellschaftspolitischem Engagement und gesellschaftlichen Aufgaben sowie religiöser Orientierung anderer. In diesem Sinne ist über das vergangene Jahrzehnt vieles über mich geschrieben worden:

http://www.iza.org/highlights/en/zimmermann_biographie_html

Und wir sind einig bei dem Wunsch nach Transparenz in der wirtschaftspolitischen Debatte. Das IZA hat sich deshalb auch früh eigene Ethikregeln gegeben:

http://www.iza.org/de/webcontent/news?item=389

Wir sind also weder „neoliberal“ noch „gewerkschaftsnah“. Das würde unseren unabhängigen Standpunkt als Wissenschaftler herabwürdigen.

Die Blogger-Szene von links und rechts können wir getrost ignorieren.

Aber um so mehr freuen wir uns darüber, dass sich der Wiener „Kurier“ auf unseren Hinweis hin umgehend für das Versehen entschuldigt hat.

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