„Familienarbeitszeit“ – ein Problem für den Arbeitsmarkt

Eltern sollen sich nach dem Willen der Großen Koalition die Kinderbetreuung teilen, „Familienarbeitszeit“ nannte das das SPD – Wahlprogramm. Ziel ist der Ausbau der Teilzeitarbeit. Nach Koalitionsvertrag soll der Arbeitnehmer, der wegen der Kinderbetreuung von Vollzeit auf Teilzeit wechselt, die Möglichkeit bekommen, seine Stunden später wieder aufzustocken. Ferner soll es beim Elterngeld einen Zuschlag geben, wenn die Eltern ihre Arbeitszeit reduzieren.

Auch für diese Initiative gilt der generelle Grundsatz: Gut gemeint ist noch lange nicht gut gemacht. Ich erinnere daran, dass erst vor kurzem aus dem Bundesfamilienministerium ein ähnlicher Vorschlag gekommen ist: Um die Lage von pflegenden Angehörigen zu erleichtern sollen danach Arbeitnehmer für die Dauer von zwei Jahren die Möglichkeit erhalten, halbtags zu arbeiten und nach Ablauf von zwei Jahren wieder in eine Vollzeitbeschäftigung zurückzukehren.

Dies reiht sich ein in eine Reihe ähnlicher geplanter Massnahmen bis zu Gesetzen der letzten Regierung, die Betreuung von Kleinkindern zuhause zu fördern.

Insgesamt verteuern die meisten solcher Maßnahmen die Arbeitskosten und führen zum Verlust von Arbeitsplätzen. Sie sind aber auch gesellschaftspolitisch, familienpolitisch und arbeitsmarktpolitisch falsch. Wegen der demographischen Schrumpfung müssen wir künftig mehr arbeiten, nicht weniger. Der Fachkräftemangel erfordert die Mobilisierung gerade der Frauenerwerbsbeteiligung. Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf sollte durch den Ausbau des Kinderbetreuungssektors gesichert werden, sowie durch den Abbau von Anreizen zuhause zu bleiben, wie dem Ehegattensplitting. Die Stärkung der Vollzeitbeschäftigung von Frauen stärkt auch die Aufgabe, die Lohndifferenzen zwischen den Geschlechtern abzubauen. Es hilft auch den Kindern kaum, wenn sie einmal während der Arbeitswoche „von Papa betreut“ werden.  Eine ordentliche professionelle Kinderbetreuung hilft Kindern generell mehr und schafft Arbeitsplätze.

Ich warne deshalb vor immer neuen derartigen Eingriffen in den Arbeitsmarkt.
Insbesondere für mittelständische Betriebe, die immerhin mehr als 70 Prozent aller Jobs in Deutschland bereitstellen, sind solche Vorschläge als bindende Verpflichtung kaum praktikabel.

Mehr Flexibilität ja, mehr Familienfreundlichkeit ja – aber auf freiwilliger Basis.

Der bessere Weg ist aus meiner Sicht,  Firmen zu bewegen, mehr in die Betreuung der  Kleinkinder von Betriebsangehörigen zu investieren. Sei es als Zuschuss zum Kita-Besuch, sei es durch eigene Krippenplätze. Diese Ausbaustrategie  sollte Priorität haben. Und in einer Zeit wachsender Verknappung von Fachkräften sollten wir alles tun, deren Potenziale zu hundert Prozent auszuschöpfen. Schon heute hat Deutschland eine zu hohe Teilzeitquote. Die Politik ist gut beraten, hier nicht noch zusätzliche Anreize zu schaffen.

Mehr zur Thematik s. den Artikel von Dietmar Neuerer in Handelsblatt – online.

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